2014-02-11
True Crime Detective Magazines
Wo die Lust ist, da ist auch das Verbrechen nicht weit. So lautet die Devise, nach der die erfolgreichen Plots der Unterhaltungskultur funktionieren. Sex und Gewalt markieren die beiden Pole des menschlichen Gefühlsspektrums, das größte Verlangen und die tiefsten Ängste, das Beste und das Schlimmste menschlicher Natur, den Anfang und das Ende des Lebens. Das schreibt Eric Godtland, dessen Sammelwut wir das Entstehen und Erscheinen von True Crime Detective Magazines - dem neuen Buch aus dem Hause Taschen - verdanken.
Bereits im 19. Jahrhundert beginnen die Tageszeitungen und die Vorläufer der heutigen Wochenmagazine Kriminalreportagen zu publizieren. Zu dieser Zeit werden die Grundbausteine der Detektivstorys formuliert: Gewalt, Skandale und Sex. Außerdem wurden über andere, die Leserschaft fesselnde, Themen berichtet, wie Vergewaltigung, Drogenmissbrauch, Serienmord, Bondage und moralische Dekadenz. Mit derartigen Themen verletzt die Presse zum ersten Mal bewusst die Grenzen des guten Geschmacks und die der allgemeingültigen Moralvorstellungen. Es waren aber eben die Geschichten über den Abschaum der Großstädte, die die Detective Magazines zu Verkaufsschlagern machten. Parallel dazu etablierten sich andere Genres der Kriminalliteratur, angefangen mit Romanen über die Groschenhefte bis hin zu Erzählungen in Serie wie die Geschichten von Sir Arthur Connan Doyle über Sherlock Holmes.
Von 1924 bis 1969 boten die True Crime Detective Magazines dem amerikanischen Publikum das perfekte Potpourri aus allem, was die menschliche Sensationsgier fesselt. Sie gaben dem Leser die Möglichkeit, sich selbst als Ermittler zu betätigen und sich so von der sicheren Warte aus dem menschlichen Abgrund zu widmen. Verbrecher werden zu Helden und Helden zu Verbrechern. Als dann die Große Depression auch solche Verbrecher wie Al Capone, Machine Gun Kelly, Bonnie and Clyde, Babyface Nelson und John Dillinger hervorgebracht hatte, war Detective Magazine so berühmt, dass Polizisten und Kriminelle gleichermaßen darum buhlten, sich auf den Seiten der Hefte wieder zu finden. Selbst der große FBI-Chef, J. Edgar Hoover, schrieb regelmäßig Beiträge für das Blatt.
Alle Genres der Unterhaltung müssen durch Anpassung und Innovation ihre eigene Erfolgsformel herausbilden. Der Unterhaltungsmarkt verändert sich dabei ständig und ruft immer wieder neue Formate hervor. Auch die Detective Magazines waren ein Nischenprodukt des Unterhaltungsmarktes und über eine lange Zeit zählten sie zu den erfolgreichsten Formaten. Das Buch von Eric Godtland dokumentiert dies hervorragend und stellt zugleich ein Kompendium dieses Formats dar. Und vor allem darin liegt die Stärke dieses Bandes. Außerdem ermöglicht es, mit einem Blick zurück auf die Anfänge der Kriminalstorys zugleich einen Ausblick auf die zu erwartenden Entwicklung zu wagen. Denn einem aufmerksamen Leser dürften die erstaunlichen Parallelen zuz heute nicht entgangen sein, wie das Aufkommen solcher Fernsehformate wie America’s Most Wanted, Cops oder CSI , das an die Anfänge von True Crime Detecive Magazine erinnert.
Eric Godtland/Dian Hanson:
True Crime Detective Magazines 1924 – 1969.
Deutsch von Harald Hellmann. Köln: Taschen 2008. 335 Seiten.
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